Wir schreiben den 10. November 2018.
Der Tag, auf den 16 Menschen seit Wochen und Monaten hinarbeiten.
Der Tag, an dem sich zeigen wird, ob sich Blut, Schweiß und Tränen gelohnt haben.
Der Tag der Deutschen Meisterschaft.
Okay, zugegeben, das klingt jetzt schon sehr dramatisch, aber ganz ehrlich, so hat es sich wirklich angefühlt.
Los ging es schon am Freitag: Wir hatten all unsere Sachen gepackt und wurden pünktlich zu Hause abgeholt. Doch da stellte sich schon das erste Problem heraus: Bekommen wir wirklich all unsere Sachen in den Kofferraum? Es war knapp, aber mit ein bisschen Tetris-Spielen gelang es uns alles zu verstauen und ab ging´s nach Braunschweig.
Endlich angekommen versammelte sich das Team im Hotel und besprach noch die letzten Punkte:
Wann geht es los zur Stellprobe?
Gibt es morgen ein gemeinsames Frühstück?
Wann fangen wir an mit Make-Up und Haare?
Und wer bügelt eigentlich noch unsere Kleider morgen früh?
All das war schnell geklärt und so konnten wir pünktlich los zur Volkswagenhalle, um unsere Stellprobe anzutreten.
Wir betraten die Halle. Sie war riesig mit einer winzigen Tanzfläche in der Mitte, so schien es. Wir ließen uns Zeit die Räumlichkeiten anzuschauen und unser Hereinlaufen für das Turnier zu testen, als plötzlich der Timer losging und unsere 20 Minuten offizielle Stellprobenzeit auf der Fläche begann. Hektisch rannten wir also aufs Parkett. Schon mal ein super Start…
Die zwei Durchgänge passten trotzdem noch in die Zeit und erschöpft gingen wir zurück in die Kabine. Die Stimmung war gemischt, die einen waren alle voller Energie und Begeisterung über die Halle und das Feeling. Andere fingen doch noch an zu zweifelten, ob sie überhaupt schon bereit für so eine schwere Choreografie auf so einem großen Turnier sei.
Doch schnell machten wir uns auf den Weg in das Restaurant, in dem wir noch ein gemeinsames Abendessen zu uns nehmen wollten.
Dann kam allerdings der nächste Schock: bei einem unserer Mitfahrer (nicht Tänzer) wurde das Autofenster eingeschlagen und die auf dem Beifahrersitz liegende Handtasche gestohlen. Nach einigem Trubel legte sich die Angst um unsere eigenen Autos und dessen Inhalt aber wieder.
Pizza und Pasta taten dann ihr übriges, um das Team wieder zu entspannen.
Am nächsten Morgen um 8 Uhr klingelte der Wecker. Wir quälten unsalso aus dem Bett und an den Frühstückstisch. Der Kaffee zeigte schnell seine Wirkung und das Team wurde wacher.
Wir fingen an uns zu frisieren und schnell hatten alle Mädels ihren Dutt. Nebenbei wechselte die Kandidatin auf dem Schminkstuhl und nach und nach bekamen immer mehr Damen ausdrucksstarke Augen, einen makellosen Teint oder Strass ins Haar. Unsere Vorbereitungen liefen wie am Schnürchen und sogar der ein oder andere Kaffee konnte zwischendurch noch getrunken werden. Wir wollten nur einen kurzen Abstecher zur Videoanalyse der Stellprobe machen, als der Feueralarm losging…
Das komplette Hotel musste geräumt werden und plötzlich standen wir in unseren dünnen Trainingsjacken in der Kälte. Die Feuerwehr hatte anscheinend keine Zeit, um die Gebäude wieder freizugeben und so mussten wir wertvolle Zurecht-Mach Zeit verstreichen lassen.
Als wir endlich wieder ins Innere durften, suchten wir unsere 7 Sachen zusammen: Schuhe, Kleid, Strumpfhose, Haarteil, Strass-Band, Wimpern und natürlich Tanzpartner, und machten uns auf den Weg in die Volkswagenhalle Braunschweig.
Dort wurde natürlich als aller erstes unser Buffet aufgebaut, das für die nötige Stärkung während des Turniers sorgen sollte.
Dem Make-Up wurde der letzte Schliff verliehen, die Haare noch einmal fixiert, Wimper mit Hilfe unseres Trainers aufgeklebt.
Dann hieß es ab in Kleider und Fräcke und rauf auf die Fläche. Beziehungsweise erst einmal um die Fläche herum, denn der Mensch ist ja ein Gewohnheitstier. Da wir unseren Flächenaufmarsch nur von einer Seite geübt hatten, wollten wir nun auch von unserer gewohnten Position auf die Fläche gehen.
Das Bild stand, alle 16 Tänzer waren bereit, die Musik ging los. Jetzt hieß es alles geben, wir hatten nur diese eine Chance.
Die sechs Minuten Choreografie vergingen wie im Flug, eine Pose hier, eine Figur da, der Damen Solo-Part in der Mitte, noch eine Drehung, der letzte Tanz und schon war alles vorbei. Wir standen in unserer Endpose und das Publikum applaudierte. Und es war viel Publikum da, viel mehr als wir es von unseren Ligaturnieren gewohnt waren.
Trotzdem hatten wir alle einige Fehler bemerkt und warteten nun Backstage angespannt auf die Durchsage, welche sechs Teams es in die Zwischenrunde geschafft hatten. Als erstes wurde Braunschweig genannt, das war ja klar, dann Bernau, auch keine Überraschung, und dann… das Team mit der Startnummer drei, Darmstadt.
Für einen kurzen Moment waren wir wie versteinert. Hatten sie wirklich Darmstadt gesagt? Doch dann fielen wir uns in die Arme und es gab mehr als einen, der seine Tränen nicht mehr zurückhalten konnte.
Wir hatten es tatsächlich geschafft, wir hatten die Formationsgemeinschaft und Düsseldorf (beide auch erst aus der zweiten Liga aufgestiegen) hinter uns gelassen und waren so nun Teil der Abendveranstaltung. Natürlich hatten wir uns das alle erhofft, aber so wirklich dran geglaubt hatten wir nicht.
Später schauten wir uns das Video der Vorrunde an und waren noch mehr überrascht, dass wir mit der Leistung eine Runde weiter kommen konnten. Die gezeigte Leistung auf dem Turnier war deutlich unter dem, was wir in den vergangenen Trainings geleistet hatten.
Nachdem wir uns in unserer freien Zeit etwas gestärkt hatten, frische Luft schnappen konnten und das Make-Up aufgefrischt wurde, ging es für uns das zweite mal auf die Fläche. Und dieses mal über den direkten Weg, da alle anderen Zugänge nun mit Fernsehkameras zugestellt worden waren. Wir durften die Zwischenrunde eröffnen und genossen nun einfach, unsere Choreografie vor über 4.000 Menschen präsentieren zu dürfen.
Denn mit dem Erreichen der Zwischenrunde hatten wir alles erreicht, was wir uns hätten erträumen können. Als noch junges Team (gerade mal 5 Jahre alt) hatten wir es innerhalb kürzester Zeit bis ganz nach oben geschafft und konnten nun sogar mit neuer Musik und eigener Choreo überzeugen.
Nach der Siegerehrung und schon weit nach Mitternacht machten wir uns wieder auf den Rückweg ins Hotel. Nach der entspannenden Dusche wollte ich zwar eigentlich nur noch schlafen, aber dann ließ ich mich doch noch von den anderen mit zur After-Show Party überreden. Letztendlich waren wir dann doch noch bis fünf Uhr wach und feierte gemeinsam mit Team, Trainern, Freunden und den anderen Teams unseren Erfolg.